Ein Artikel von Rechtsanwalt Jan Schröder
Frisch verliebt ist halb geschieden… Gerade in einer „Zwei- Personen GmbH” kommt es aufgrund der oft auch engen persönlichen Verbindung der Gesellschafter zu erheblichen Differenzen. Werden diese Differenzen unüberwindlich, stellt sich für einen oder auch beide Gesellschafter die Frage, wie man den mittlerweile unliebsamen Kompagnon aus der Gesellschaft „heraus” bekommt.
Vermeidbare Probleme sind häufig vorprogrammiert, da bei der Gründung der GmbH diesbezüglich oftmals keine oder nur unzureichende Regelungen getroffen wurden. Mit diesem Artikel wollen die Autoren die Sensibilität der Gründer einer GmbH für dieses doch recht schwierige Thema wecken und Gesellschaftern, welche sich bereits in einer solchen Situation befinden, Lösungsansätze aufzeigen. Hierzu soll zunächst auf Konstellationen eingegangen werden, in denen das Gesellschaftsstatut keine Regelungen für den Ausschluss eines Gesellschafters vorsieht. Im zweiten Teil werden dann die Möglichkeiten der Gestaltung von Ausschlussklauseln im Gesellschaftsvertrag der GmbH behandelt.
1. Der Gesellschaftsvertrag ohne Ausschlussklauseln
Ein Recht zum Ausschluss eines Gesellschafters ist im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nicht vorgesehen. Die §§ 21 und 28 Abs. 1 GmbHG sehen lediglich ein Ausschlussrecht für den Fall der unvollständigen Leistung der Stammeinlage bzw. des Nachschusses bei Kapitalerhöhungen vor. Dennoch ist in Wissenschaft und Rechtsprechung ein Ausschlussrecht aus wichtigem Grund unter Rückgriff auf die Regelungen der §§ 133, 140 HGB anerkannt. „Ein wichtiger Grund liegt nach h.M. vor, wenn der Gesellschafter durch seine Person oder durch sein Verhalten die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder sein Verhalten sein Verbleiben in der Gesellschaft untragbar erscheinen lässt”.(1) Aus dieser Definition des „wichtigen Grundes” lässt sich ableiten, dass es ein, nicht zwingend verschuldeter(2), in der Person des Gesellschafters begründeter Umstand sein muss, wobei dem auszuschließenden Gesellschafter das Verhalten eines Vertreters zugerechnet wird.(3) Weiterhin ist das in zeitlicher Hinsicht befristete(4) Ausschlussrecht aus „wichtigem Grund” das letzte Mittel (ultima- ratio- Prinzip) und kommt erst dann in Betracht, wenn die Störung durch den Gesellschafter nicht anderweitig beseitigt werden kann.(5) Bei einer Zwei- Personen- GmbH kommt es zudem auch darauf an, dass in der Person des ausschließenden Gesellschafters nicht ebenfalls ein wichtiger Grund vorliegt, oder dieser den Grund für den Ausschluss des Gesellschafters mit zu verantworten hat.(6) Ein Ausschluss scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Ausschließende das „gesellschaftsinterne Zerwürfnis”(7) gleichermaßen zu verantworten hat.(8)
Anhand dieser Leitlinien lassen sich mit Blick auf die einzelfallbezogene Rechtsprechung folgende Kriterien für den Ausschluss eines Gesellschafters ableiten:
- Unterschlagung(9) / Eigenmächtig Entnahme von Mittel der Gesellschaft(10)
- Verlust / Nichtbestehen einer vorausgesetzten persönlichen Eigenschaft(11)
- Konkurrenztätigkeit(12)
- Ungerechtfertigte, ehrenrührige Vorwürfe gegen den Mitgesellschafter(13)
- diskreditierende Äußerungen über die Gesellschaft(14)
- Verdacht auf Wirtschaftsstraftaten(15)
- Drogen- und Alkoholsucht(16), wohl auch schwerwiegende, dauerhafte psychische Störungen sowie schwere Krankheit
Ob im konkreten Verhalten eines Gesellschafters tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt, wird von den Instanzgerichten an Hand des konkret vorliegenden Sachverhalts beurteilt. Insoweit sind die o.g. Kriterien kein abschließender und auch kein zwingender Katalog von Ausschlussgründen.
Ferner ist auch die Art der Beteiligung des auszuschließenden Gesellschafters zu berücksichtigen. Ist der auszuschließende Gesellschafter nur lose mit dem geschäftsführenden Gesellschafter verbunden, weil er beispielsweise als „stiller Kapitalgeber” im Hintergrund bleibt, sind für das Vorliegen eines wichtigen Grundes strengere Anforderungen zu stellen. Keine strengeren Maßstäbe sollen hingegen gelten, wenn der auszuschließende Gesellschafter nur kurzzeitig an der Gesellschaft beteiligt war oder eine persönliche Voraussetzung für die vormalige Aufnahme in die Gesellschaft weggefallen ist.(17) In diesen Fällen treten die Interessen des auszuschließenden Gesellschafters regelmäßig hinter die Interessen der Gesellschaft an einem Ausschluss zurück. Unerheblich für den Ausschluss ist prinzipiell die Art des eingebrachten Vermögens und die Größe des Geschäftsanteils.(18) Nur wenn der Ausschließende einen extrem kleinen Geschäftsanteil innehat, ist der Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters unzulässig.(19)
Sieht die Satzung der Gesellschaft keine Regelungen zum Ausschluss vor, stellt sich zudem ein prozessuales Problem. In diesem Fall muss die Gesellschaft den Beschluss, bei welchem der auszuschließende Gesellschafter nicht stimmberechtigt ist (§47 Abs. 4 GmbHG) im Wege der Ausschließungsklage geltend machen. Die Ausschließung wird dann erst mit Rechtskraft des Urteils wirksam. Insoweit kann sich der endgültige Ausschluss eines Gesellschafters über bis zu drei Instanzen und damit mehrere Jahre hinziehen, wobei die klagende Gesellschaft zumindest in der ersten Instanz die Gerichtskosten vorstrecken muss. Auch wenn die Gesellschaft im Prozess obsiegt, verbleibt dann immer noch das Vollstreckungsrisiko hinsichtlich dieser Kosten. Schlussendlich stellt sich die Frage bezüglich des Verbleibs des Anteils und der Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Ohne Regelungen im Statut wird das Gericht bei Erfolg einer Ausschließungsklage darauf erkennen, dass der Anteil wahlweise eingezogen oder an die Gesellschaft bzw. einen Dritten abgetreten wird. Der Ausschluss wird dabei unter die aufschiebende Bedingung der fristgemäßen Zahlung einer Abfindung(20) gestellt werden.(21) Hierbei kann es zu erheblichen Problemen bei der Kapitalerhaltung der Gesellschaft kommen. Gerade, wenn die GmbH nur über ein Stammkapital von 25.000 EUR verfügt und die Abfindung nicht aus den freien Mitteln zu begleichen ist, kommt es zu Problemen. Mangelt es im Gesellschaftsvertrag zudem an Bestimmungen zur Abfindung, ist die Abfindung auf Grundlage des Verkehrswerts des Unternehmens zum Zeitpunkt des Ausscheidens zu ermitteln. Der Verkehrswert entspricht allgemein dem Preis, der bei einer Veräußerung des Unternehmens als Einheit erzielt werden würde.(22) Dass es auch hier zu erheblichen Streitigkeiten über die Höhe des Wertes der Gesellschaft kommen kann, liegt auf der Hand.
2. Regelungen im Gesellschaftsvertrag
Um im Falle eines Falles einen langwierigen und im Ergebnis möglicherweise, selbst bei vollständigem Obsiegen, kostenintensiven Prozess zu vermeiden, ist es im Interesse aller Gesellschafter, umfängliche Regelungen für den Ausschluss eines Gesellschafters in der Satzung zu vereinbaren. Rein deklaratorisch sollte immer die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund unter exemplarischer Nennung von einzelnen Gründen im Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Vorsicht ist hier jedoch bei der Auswahl der exemplarischen Gründe geboten, soweit neben den Kriterien der Rechtsprechung eigene Beispiele aufgenommen werden sollen. Ebenfalls sollte eine Regelung über die Wirkung des zu Ausschluss führenden Beschlusses sowie eine Anfechtungsfrist hiergegen vereinbart werden. Im diesem Zusammenhang sollten auch Einziehung des Anteils bzw. die Zwangsabtretung vorgesehen und geregelt sein. Auch hinsichtlich der, mit der Einziehung bzw. Zwangsabtretung verbundenen Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters sollte bereits bei der Gründung eine Regelung getroffen werden. Anderenfalls könnte eine umfassende, und unter Umständen auch kostenintensive, Unternehmensbewertung notwendig werden. Selbstverständlich können diese Regelungen auch noch nach der Gründung der Gesellschaft in die Satzung aufgenommen werden.
3. Ergebnis
Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass durch einen individuellen und gut durchdachten Gesellschaftsvertrag lange und vor allem kostenintensive Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können. Wer also bei der „Hochzeit” eine „Scheidung” nicht in Betracht zieht, wird womöglich das Nachsehen haben, denn „Frisch verliebt ist halb geschieden.”
Rechtsanwalt Jan Schröder ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner bei GRUENDEL Rechtsanwälte.
Quellenverweis: 1) So Schmidt in Gesellschaftsrecht 4. Aufl. 2006 S. 1061, §35 IV mit Verweis auf §207 I 2 RegE GmbHG 1971/73) 2) Vgl. z.B. BGH NJW 1998 S. 146 3) BGH NJW 1977 S. 1013 4) Vgl. st. Rspr. des BGH z.B. BGH NJW 1999 S. 2820 5) Lutz, Der Gesellschafterstreit, 2. Aufl. 2011 II. Rn. 279 6) BGH Urteil v. 31.03.2003, BB 2003 S. 1198 7) BGH Urteil v. 10.06.1991, NJW-RR 1991 S. 1249 8) BGH aaO Fn. 5; Gleiches gilt, wenn die Gesellschafter einer Mehrpersonengesellschaft in zwei „Lager” gespalten sind, BGHZ 80, 346 9) BGH aaO Fn. 4 10) OLG München, BB 1997 S. 491; OLG Düsseldorf GmbHR 1999 S. 808 11) BGH aaO. Fn. 1 12) BGH NJW- RR 1997 S. 925 13) BGH NJW- RR 2003 S. 350, zumindest, wenn der Vorwurf nur unzureichend geprüft wurde und der Ausschließende zumindest leichtfertig handelt. 14) OLG Dresden NZG 1999 S. 1220 15) OLG Brandenburg NZG 1999 S. 829 16) OLG Rostock Urteil v. 19.12.2007, Az.: 6 U 103/06 17) Vgl. BGH NJW 98, S. 147; OLG Hamm BB 76, S. 722 18) Vgl. BGHZ 51 S. 207 19) Vgl. BGHZ 6 S. 117 20) Diese ist dann der Verkehrswert des Anteils, vgl. BGHZ 9 157, 163 21) So auch Schmidt Gesellschaftsrecht 4. Aufl. 2006 S. 1063 22) Vgl. BGHZ 116, S.370